Bald ist es wieder Sommer und damit kommen nicht nur Ferien und Sonnenschein, sondern voraussichtlich auch Dürre und die Sorge, dass viele unserer Flüsse und andere Gewässer vom Austrocknen bedroht werden. Insbesondere der Rhein mit seinen Wasserstraßen für die Binnenschifffahrt hat im Laufe der letzten zehn Jahre immer wieder Grund zur Besorgnis gegeben. Jetzt soll die Situation aber noch prekärer werden, und ausgerechnet ein künstlich angelegter neuer Binnensee könnte dem Rhein im Sommer gefährlich werden.
Rhein wird angezapft
Der neue Binnensee soll im ehemaligen Tagebaugebiet Hambach im Rheinischen entstehen, wo jahrhundertelange Braunkohlegewinnung die größte stillgelegte Kohlegrube Europas hinterlassen hat. Das gigantische Loch ist 46 Quadratkilometer groß und misst 400 Meter in der Tiefe. Der stillgelegte Tagebau erstreckt sich zwischen mehreren kleinen Ortschaften im Gebiet und soll jetzt mit Wasser aufgefüllt werden. Der dadurch entstandene Binnensee wird der in der Größe nur etwas kleiner als der Bodensee sein und zu einem neuen deutschen Freizeitparadies erkoren werden. Um das notwendige Wasser für die künstliche Überflutung der Braunkohleminen zusammenzubekommen, muss der Rhein sein Wasser hergeben. Über die nächsten 70 Jahre sollen nämlich bis zu 18 Kubikmeter Wasser pro Sekunde vom Rhein abgezapft werden und durch Riesen-Rohre, die zwischen Rheinufer und dem örtlichen Deich in neun Meter Tiefe verlaufen, in die Tagebaulandschaft fließen und sie auffüllen. Das bedeutet, dass der Rhein alle zwei Minuten so viel Wasser verliert, wie ein Olympiaschwimmbecken fasst.
Jahrhundertprojekt
Das Projekt, das sich über viele Jahrzehnte hinweg ziehen wird, steht unter der Leitung des Energieversorgungskonzerns RWE, der sich mit dem Vorhaben erhofft, nachhaltigen Strom herstellen zu können. Obwohl viele der anliegenden Dörfer und Gemeinden mit Versprechen von tausenden neuen Arbeitsplätzen, malerischen Segelbooten und einem in der Gegend noch nie zuvor gesehenen Touristenansturm zur Zustimmung zu dem Projekt gelockt wurden, gibt es auch Widerstand gegen das Vorhaben. Zum einen sind Naturschützer nicht begeistert von den gravierenden Änderungen in der Landschaft, die das Tierleben und die lokale Flora und Fauna wahrscheinlich nachträglich beeinflussen werden. Zum anderen bedeutet der Bau des neuen Binnensees auch jahrelanger Verkehr von Lastwagen und Baumaschinen, der die ruhigen Ortsverhältnisse rund um die Uhr beträchtlich stören werden. Hinzu kommt, dass das Wasser des Rheins bekanntlich nicht zu den saubersten gehört und die Anwohner des neuen Sees sorgen sich darüber, dass in Zukunft ihr Grundwasser verseucht wird. Wie der Rhein in Dürrezeiten den Verlust verkraften soll, hat auch noch keiner beantworten können.