

Nach einer Ankündigung der Regierung wird die Internetverbindung des gesamten Landes gekappt, bis „auf weiteres“, so die Taliban in Afghanistan. Die Bürger sollen dadurch weniger Sünden begehen.
Afghaninnen und Afghanen sind derzeit fast vollständig vom Internet abgeschnitten, nachdem die Taliban wie angekündigt das Glasfasernetzwerk gekappt haben. Der Internetbeobachtungsstelle Netblocks zufolge standen bereits am Montagabend nur noch weniger als ein Prozent der normalerweise aktiven Internetverbindungen und Mobilfunksignale zur Verfügung.
Taliban schränkt Rechte zunehmend ein
Damit ist die erste landesweite Abschaltung des Internets in Afghanistan seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 in vollem Gange. Die Gruppierung rief ein islamisches Emirat aus und setzt seitdem eine besonders strenge Auslegung des Islam mit drakonischen Gesetzen durch. Vor allem Frauenrechte sind massiv eingeschränkt worden.
Auch Telefone fallen aus
Schon in den letzten Wochen waren Internetverbindungen in Afghanistan deutlich verlangsamt und zeitweise unterbrochen worden. Da dort auch Telefonverbindungen großteils über das Internet abgewickelt werden, ist auch der Mobilfunk massiv betroffen. Das Telefonleitungsnetzwerk ist ähnlich wie in vielen anderen Entwicklungsländern auch kaum ausgebaut.
„Vorbeugung von Sünden“
Schon vor zwei Wochen ließ der Sprecher der Provinzregierung in der afghanischen Provinz Balch mit einer Ankündigung auf Online-Netzwerken aufhorchen: Die Kappung des dortigen Glasfasernetzes stehe auf Anordnung der Taliban-Führung kurz bevor. Dies geschehe, um „Sünden“ vorzubeugen. Man werde aber „Ausweichoptionen“ bereitstellen, um die „Kommunikationsbedürfnisse“ der Bevölkerung zu erfüllen.
AFP-Reporter geben an, dass die Verbindungen auch in zwei nordafghanischen und vier südafghanischen Provinzen unterbrochen wurden. Der Taliban-Funktionär erklärte, dass die Abschaltung des 9350 Kilometer großen Netzwerks sich auch auf das Mobilfunknetzwerk auswirken werde. Insgesamt würden „8000 bis 9000 Telekommunikationsmasten“ abgeschaltet, die Unterbrechung werde „bis auf Weiteres“ andauern, sagte er und ergänzte: „Es gibt keine andere Möglichkeit oder kein anderes System, um zu kommunizieren (…). Der Bankensektor, der Zoll, alles im ganzen Land wird davon betroffen sein.“
Redaktion in Kabul nicht mehr erreichbar
AFP kann seine Redaktion in Kabul seit Montagabend, 17.45 Uhr (Ortszeit, 15.15 Uhr MESZ) nicht mehr erreichen. Die Nichtregierungsorganisation Netblocks, die sich der Kontrolle von Cybersicherheit und Internetkontrolle auf der ganzen Welt widmet, schrieb, der Internet-Ausfall in Afghanistan weise offenbar „die Merkmale einer absichtlichen Unterbrechung auf“.