

Viele Auszubildende und Studierende in der Pflege sind unzufrieden mit ihrer Ausbildung und fühlen sich überfordert. Das zeigt der neue Ausbildungsreport Pflegeberufe 2024 der Gewerkschaft Verdi, über den die Zeitungen der Funke-Mediengruppe in ihren Samstagausgaben berichten. Für die Erhebung wurden Verdi zufolge zwischen Sommer und Herbst des vergangenen Jahres über 2.200 Auszubildende in den Pflegeberufen sowie Studierende in einer hochschulischen Pflegeausbildung nach dem Pflegeberufegesetz befragt.
Nur gut ein Drittel der Auszubildenden und weniger als die Hälfte der Studierenden sind demnach mit ihrer Ausbildung zufrieden oder sehr zufrieden. Über 80 Prozent leisten regelmäßig Überstunden, fast die Hälfte fühlt sich dauerhaft stark belastet.
„Nur gut ein Drittel der Auszubildenden ist mit ihrer Ausbildung zufrieden oder sehr zufrieden – nur halb so viele wie in anderen Berufen. Diese schlechte Bewertung ist ein Armutszeugnis für die Arbeitgeber, viele werden ihrer Verantwortung nicht gerecht“, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler den Zeitungen.
„Die jungen Leute starten hoch motiviert in die Ausbildung dieses schönen und sinnstiftenden Berufs. Doch statt sich ins Zeug zu legen und für eine gute praktische Ausbildung zu sorgen, treibt man die Menschen vielfach regelrecht aus dem Beruf“, sagte Bühler.
Der Zusammenhang zwischen Unzufriedenheit, mangelnder Ausbildungsqualität und hoher Belastung sei eindeutig. „Nicht wenige nutzen die große Einsatzbereitschaft und Empathie von Auszubildenden gnadenlos aus und missbrauchen diese als billige Arbeitskräfte“, kritisierte Bühler. Gute Ausbildungsbedingungen dürften nicht länger ein Glücksfall sein, „sie müssen Normalität werden“.
Laut Verdi hält nur rund ein Drittel der Einrichtungen den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestumfang der Praxisanleitung ein. Viele Auszubildende müssen sich ihre Anleitung selbst organisieren, oft fehlt qualifiziertes Personal. Drei Viertel der Befragten berichten zudem von unplanmäßigen Versetzungen auf andere Stationen, meist wegen Personalmangels.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) mahnte Reformen an. „Die Ausbildungsbedingungen in der Pflege müssen attraktiv sein und sich offenkundig verbessern. Die hohe Unzufriedenheit sollte von den für die Ausbildung verantwortlichen Betrieben ernst genommen werden“, sagte Warken den Zeitungen. Man schaffe derzeit die Grundlage, die Attraktivität des Pflegeberufs weiter zu steigern, so Warken.
Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) zeigte sich besorgt. „Die Zahlen des Ausbildungsreports sind besorgniserregend“, erklärte SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier. „Wir brauchen dringend mehr Pflegekräfte, um den Pflegenotstand zu bekämpfen. Dieser sinnstiftende Beruf darf nicht durch Überforderung in der Ausbildung an Attraktivität verlieren.“ Auszubildende dürften nicht als „Lückenfüller“ im Arbeitsalltag missbraucht werden, so Engelmeier.
Der Arbeitgeberverband VDAB wies die Kritik teilweise zurück. Thomas Knieling sagte den Zeitungen, die generalistische Ausbildung sei „für alle Beteiligten eine Herausforderung“, aber kein flächendeckendes Problem. „Natürlich ist nicht auszuschließen, dass auch Auszubildende unter dem Personalmangel leiden. Wir können aber nicht bestätigen, dass dies ein Flächenphänomen ist – geschweige denn, dass die Situation in der Langzeitpflege besonders prekär wäre“, so Knieling.
Verdi fordert verbindliche Personalschlüssel, eine Erhöhung des Anteils strukturierter Praxisanleitung auf 30 Prozent sowie eine bessere Verzahnung von Theorie und Praxis. Gute Ausbildung sei die „wichtigste Stellschraube gegen den Fachkräftemangel“, so Bühler.
dts Nachrichtenagentur
Foto: Medizinisches Personal in einem Krankenhaus (Archiv), via dts Nachrichtenagentur